@ theClaw:
Wenn du wüßtest, welche Folgen die Depression hat, dann wüßtest Du auch, daß man dann kaum noch in der Lage ist, etwas aktiv anzugehen und kaum noch andere Menschen an sich heran zu lassen.
Der Griff zum Alkohol hängt nicht einfach vom Verstand ab und kommt auch bei gebildeten Leuten vor, sogar ohne Depression. Wir werden viel mehr von unbewußten Impulsen gesteuert, als den allermeisten klar ist und wir machen uns alle eine Menge vor, wo es kurzfristig angenehmer ist.
Die Depression ist ein Riesentabu und das Unverständnis immer noch gewaltig. Deswegen versuchen Fachleute, verschiedene Bündnisse und die WHO schon seit langer Zeit, aufzuklären. Aber die Depression wird immer noch i.d.R. nicht ernst genommen oder völlig unterschätzt. Wird man körperlich krank, bekommt man Verständnis. Wir man aber depressiv, muß man sich rechtfertigen.
Entstigmatisierung der Depression durch Aufklärung
Bewerbe dich mal mit einem Lebenslauf, aus dem hervorgeht, daß Du ein oder zwei Jahre depressionsbedingt arbeitsunfähig warst. Bei einer körperlichen Erkrankung ist das ganz anders.
Zitat:Aber wenn jemand nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen und ebensowenig Hilfe bei anderen suchen kann, dann ist sein Problem nicht die Depression, sondern die Tatsache, dass er sein Leben aufgegeben hat. Da soll er doch lieber von einem hohen Berg springen, noch ein paar schöne Sekunden haben (das macht sicher Spaß) und damit die Welt vor seiner würdelosen Existenz bewahren.
Das ist purer Zynismus und zeigt noch einmal, daß du keine Ahnung hast und selber ein gutes Beispiel für die Stigmatisierung bist. Daß man nicht mehr kann, weder sein Leben in den Griff zu bekommen noch sich aktiv um Hilfe zu bemühen oder überhaupt jemanden an sich heranzulassen, ist charakteristisch für eine (schwere) Depression. Und Wartezeiten von einem halben Jahr und mehr bei der Therapiesuche machen es nicht leichter (bei welcher körperlichen Krankheit gibt es das?). Du machst dich über etwa 6.000 Tote im Jahr lustig, für die das mit Selbstmord endet (etwa jeder zweite Selbstmord geht auf das Konto dieser Krankheit).
Zitat:Das mag ein wenig hart klingen, aber ich kann es einfach nicht leiden, wenn jemand die Flinte ins Korn wirft - egal wie lange er schon gegen Windmühlen gekämpft hat, es gibt immer eine nächste Runde und vielleicht ein wenig Hoffnung. Gibt's die nicht, würde ich doch den fallschirmlosen Sprung aus einem Flugzeug bevorzugen und nicht wie ein Tier von Vollrausch zu Vollrausch kriechen.
Das klingt nicht nur hart, sondern nach aggressiver Verachtung. Du vergleichst Alkoholiker mit kriechenden Tieren und empfiehlst Depressiven, die wie gelähmt sind, ihr würdeloses Leben zu beenden. Das garnierst du noch mit der Bemerkung, daß der Sprung in den Tod doch ein Spaß wäre. Und ausgerechnet du sagst, es gäbe kein Stigma. Außerdem hast du gar keinen Plan davon, warum Menschen sich umbringen. Wahrscheinlich hast Du sogar noch nie darüber nachgedacht, aber immerhin fühlst du dich kompetent.
Zur Depression gehört tiefe Hoffnungslosigkeit, aber Du forderst, man müsse die Hoffnung hoch zu halten. Das ist so, wie wenn man von einem Blinden verlangen würde, einfach zu sehen und ihn zu verachten, wenn er das nicht kann.
Deine Perspektive wird sich aber nicht ändern, solange du nicht selbst mal durch irgendwas ganz nach unten kommst, z.B. die Depression mal selber erlebst oder eine Krankheit, bei der es richtig um dein Leben geht. Sowas bricht den Hochmut, bleut einem Demut ein und ändert die Perspektive deutlich. Mit 25 hätte ich vielleicht auch noch so einen Driss geredet, aber nicht in deinem zynischen Ton.
Deine Aggressionen gegenüber Leuten, die so unter die Räder gekommen sind, sind ja komplett irrational. Was dahinter steckt, nennen Psychologen "Projektion". Und Projektion ist bei narzißtischen Persönlichkeiten besonders ausgeprägt. Dich kotzt die krankheitsbedingte Schwäche und Ohnmacht solcher Menschen an, weil das (unbewußt) dein Ego erhebt - und das fällt dir leicht, weil du sowas auch noch nie am eigenen Leib erlebt hast. Ich war noch vor 15 Jahren auch ganz schön narzißtisch unterwegs (wie viele junge Männer übrigens). Aber heute weiß ich, wie dumm und oberflächlich ich damals war.
Vielleicht schnallst du es auch noch irgendwann. Das hat viele Nebeneffekte, z.B. mehr emotionale Lebendigkeit, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Kontakt und echte Liebesfähigkeit gegenüber anderen Menschen. Als Narzißt ist man ein Sklave des eigenen Egos und zahlt dafür einen Preis, auch wenn es einem nicht bewußt ist.
Oboe