In meinem Städtchen gibt es einen kleinen Laden, der meine Jugend entscheidend mitgeprägt hatte. Halt eines dieser Geschäfte, in dem Fantasy- und Science-Fiction-Bücher verkauft werden, Brettspiele und jede Menge Rollenspielkrams (auch viel importierte Ware). Es gab Anfang der 90er sogar eine kleine Ecke, in der Computerspiele verkauft und präsentiert wurden (meistens flimmerte dort die Amiga-Version eines Gold-Box-Spiels auf dem Monitor). Aus der Computerspielecke wurde kurze Zeit später ein richtiger Videospielladen eine Straße weiter, der aber zwei Jahre später für immer seine Pforten schloß.
Zu dieser Zeit war ich recht rollenspielbegeistert und konnte damit auch Freunde und Bekannte anstecken. Ich hab' das auch mal in meiner Schulklasse erwähnt; das hat sich dort durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet, und bei der nächsten Rollenspielrunde bei mir zu Hause kam die halbe Klasse (16 Leute).
Das war ein wenig anstrengend, klappte aber besser als gedacht.
Bloß war ich immer Meister. Also .. wirklich immer! Hatte ich mal einem anderen Mitspieler vorgeschlagen, Meister zu sein, hieß es immer, daß ich doch von allen die Regeln am besten kenne (DSA übrigens - aber diese komische
Maske hatte ich nie auf).
Jetzt gab es im oben erwähnten Laden ein Schwarzes Brett mit Rollenspielgesuchen; Spieler sucht Gruppe, Gruppe sucht Spieler et cetera. Ich hab' dann bei so einer Gruppe mal angerufen. Die erste Ernüchterung: Die Spieler waren alle 14. Ich war zwar auch erst 16; in dem Alter war das aber schon ein gewaltiger Abstand. Zweite Ernüchterung: Eigentlich suchte die Gruppe vor allem einen Meister. Als wir uns trotzdem für ein Treffen verabreden wollten, meinte mein Gesprächspartner am Telefon: "Vorher müssen wir aber noch über ein wichtiges Thema sprechen. Dieses Spiel birgt auch Gefahren, vor denen ich dich unbedingt vorher warnen muß. Es haben sich schon viele Spieler darin verloren und nicht mehr in die Realität zurückgefunden. Es gibt über dieses Thema auch einen Film. 'Labyrinth der Monster' heißt der." Ich hatte ihn dann gefragt, ob er das tatsächlich ernst meint. Ja. Meinte er. Zu einem Treffen kam es dann nicht mehr. Die große Rollenspielgruppe, die aus meiner halben Klasse bestand, war auf Dauer auch nicht zu halten. Letztendlich hatte ich mich dann so nach und nach von dem Spiel verabschiedet - was jetzt irgendwie nach einem langen Prozeß klingt, was es aber nicht war. Wenn man alle meine Rollenspieltrefffen zusammenzählt, kommt man vielleicht gerade mal auf ein Dutzend. Ich hatte das dann noch ein paar mal beruflich in einem Jugendzentrum gemacht; aber auch dort war ich wieder - natürlich! - Meister.
Worauf wollte ich jetzt hinaus? Ach ja! Immer, wenn ich vom Labyrinth der Monster höre, denke ich an diesen 14-jährigen Jungen, der mich damals vor den Gefahren des Rollenspiels warnen wollte.
Den Laden gibt es übrigens immer noch. Der Rollenspiel- und Bücherbereich ist etwas geschrumpft und der Brettspielbereich dafür gewachsen, aber das ist halt der Zeitgeist.