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Let's Play Kathy Rain
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Habe jetzt nicht in das LP reingeschaut und lieber selber gespielt. Ich muss sagen, dass ich sehr begeistert bin. Ich kopiere mal den Text, den ich drüber im Forum vom Auf ein Bier Podcast geschrieben habe:

Zitat:Also ich habe jetzt mal in die ersten 90-120 Minuten reingespielt und ich kann jetzt schon folgendes sagen: Die ganze Beschreibung auf Steam bringt das Feeling des Spiels nichtmal annähernd rüber. Auch die Trailer sind leider alles anderes als gut, weil diese sich auf Dinge konzentrieren, die nur unerheblich für das Spiel an sich sind. Da wird künstlich herausgestellt, dass das in den 90ern spielt - aber so richtig spielt das im Spiel, zum Glück, keine Rolle! Oder dass Kathy ne Harley hat: Außer, dass die Harley im Spiel als Knotenpunkt für die verschiedenen Locations dient, wird das nicht weiter thematisiert (zumindest so lang wie ich gespielt habe).

Ich kann jetzt schon sagen, dass mir das Spiel in den ersten ein, zwei Stunden außerordentlich gut gefällt und es zu der Art von Adventures gehört, wie ich sie schon lange, sehr lange nicht mehr gespielt habe. Wenn ich jetzt ein Vergleich anstellen müsste, würde ich sagen: Stellt Euch eine Mischung aus dem ersten Gabriel Knight Spiel von Sierra und der ersten Twin Peaks Staffel vor. Ich versuche das mal ein wenig näher zu erläutern.

Was das Spiel mit Gabriel Knight gemeinsam hat, ist die ganze Art wie die Geschichte erzählt wird. Auch hier wird die Geschichte unterteilt in verschiedenen Tagen. Und genauso wie bei GK werden nicht immer wieder neue Orte gespamt wie man es von so vielen Adventures kennt, sondern man besucht immer die gleichen Orte und Figuren. Die Orte verändern sich natürlich Tag für Tag und die Charaktere scheinen alle recht gut ausgearbeitet zu sein und sind mehr als nur Stichwortgeber für die Hauptperson. Was das Spiel dann auch mit Twin Peaks gemeinsam hat: Man untersucht einen Todesfall in einer Kleinstadt und trifft allerlei seltsame Menschen, die alle irgendein Geheimnis mit sich tragen, das irgendwie mit der Kleinstadt zu tun hat und natürlich mit dem scheinbaren Unfall des eigenen Großvaters, dessen Lösung zu den Hauptmotivationen von Kathy anfangs der Geschichte ist. Doch schon bald werden wir gemeinsam mit Kathy auf weitere seltsame Todesfälle aufmerksam.

Ein weiteres Beispiel für die Geheimniskrämerei der Menschen in der Kleinstadt ist die Kirche. Das Spiel beginnt damit, dass wir die Beerdigung des Großvaters besuchen und direkt nach der Beerdigung werden wir von einem Pater der Kirche angesprochen und wir bekommen zugleich einen Flyer der Kirche, falls unsere Figur trost braucht. Sehr ungewöhnlich, aufdringlich und geschmacklos wie der Pater auftritt, das findet auch Kathy. Aber: Jede Person, die wir durch das Zeigen des Flyers auf die Kirche ansprechen sagt, dass die Kirche doch sehr harmlos ist und der Pater es nicht so böse meint. Das macht mich als Spieler nachdenklich: Ist dem wirklich so oder steckt da nicht DOCH mehr dahinter als die Menschen in der Kleinstadt zugeben wollen?

Kommen wir nochmal auf den Vergleich mit Gabriel Knight zurück. Spielerisch erinnert das Adventure sehr stark an die späteren Sierra-Adventures von 1993, 1994. Die Rätsel an sich sind immer recht offensichtlich, jedoch gibt es sehr viele Hotspots (die man mit der Leertaste anzeigen kann) zum untersuchen. In diesen Monologen erfahren wir mehr über die Figur Kathy Rain, was für einen Humor sie hat, wie sie so tickt. Das wurde alles sehr schön in die Exploration eingebunden. Wenn wir als Beispiel in der Studenten-WG auf ein selbstgemachtes Kreuz der Mitbewohnerin klicken, kommt nicht nur ein einfach "Das Jesuskreuz meiner Mitbewohnerin" wie man es von zig anderen Adventures kennt, sondern eine kleine Exploration darüber, dass Kathy nichts gegen Glaubensrichtungen hat, solange man sie nicht missionieren möchte. Dieser Kniff - das Erklären des Charakters der Spielfigur während man die Bildschirme durchsucht - hat mich damals bei Gabriel Knight sehr fasziniert und ich finde es toll, dass Kathy Rain ebenfalls diesen Kniff anwendet.

Überhaupt ist die Figur Kathy Rain sehr interessant. Eine Journalistik-Studentin aus schwierigem Elternhaus, liebt Punk-Rock und Horrorfilme, hat einen recht zynischen Humor und tritt fremden Menschen gegenüber sehr selbstbewusst auf. Wo bei anderen Spielen - und häufig mittlerweile auch Adventures - die Figur mit diesen Eckpunkten fertig erklärt wäre, erlebt man hier immer wieder neue Facetten von Kathy, je nach Situation. Das lässt die Figur auf mich sehr realistisch wirken, weil Kathy keine Ansammlung von Klischees ist. Sehr gut ist beispielsweise, dass all diese Dinge so nebenbei erwähnt und nicht mit dem Holzhammer eingetrichtert werden. Viele kleine Facetten des Charakters bekommt man überhaupt, wie oben schon im GK-Vergleich beschrieben, nur dann mit, wenn man viele Gegenstände im Spiel anschaut und Kathy erzählen lässt.
Unterstrichen wird das Ganze durch die wirklich hervorragende Synchronisation und eine Sprache, die auf mich weder gestelzt noch gezwungen wirkt. Die Dialoge sind nicht zu kurz, aber auch nicht so extrem lang, dass es unglaubwürdig wird. Die Ausdrucksweise der Figuren untereinander ist ebenfalls glaubwürdig. Das macht es für mich sehr einfach mich auf die Welt einzulassen. Und noch etwas gefällt mir hier außerordentlich: Wohnungen sehen so aus wie bewohnt. Die Räume sehen nicht so glänzend sauber aus wie man es aus den ganzen Adventures der letzten Jahre her kennt (z.B. Baphomets Fluch 5).

Durch die minimalistische Musikuntermalung, die mich ein wenig an die Mogwai Stücke für die französische Serie "The Returned" erinnert, wird man auch nicht aus der Geschichte gerissen. Allgemein hält sich das Spiel mit Ablenkungen wohlwollend zurück, etwas, was bei vielen heutigen Adventures auch nicht mehr so usus ist.
Und all diese schönen Dinge sind in eine wirklich spannenden Geschichte eingebaut, auf die ich aber aus Spoilergründen nicht allzusehr eingehen möchte, da das Spiel nicht viel anbrennen lässt und schon in den ersten zwei Stunden viel Geschichte zu bieten hat und Fragen aufwirft, auf dessen Antworten ich jetzt schon extrem gespannt bin!

Wenn das Spiel das Niveau über die ganze Zeit halten kann, bin ich versucht hier von meinem bisherigen Spiel des Jahres 2016 zu sprechen.
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Let's Play Kathy Rain - von SonataFanatica - 07.05.2016, 02:38
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