27.12.2002, 07:15
0
-Die Eingabeaufforderung unter Windows Me-
-===Microsofts Amoklauf gegen DOS===-
Microsoft hat sich Mühe gegeben, DOS aus Windows Me zu verbannen, hat aber
nicht für einen vollwertigen Ersatz notwendiger DOS-Befehle gesorgt DOS ist
zwar noch vorhanden, aber kaum mehr sichtbar. Mit einigen Tricks lässt es sich
aber wieder hervorzaubern.
Wieder nur ein Anlauf, wieder daneben: Auch bei der "Windows Me Millennium
Edition" haben es die Entwickler von Bill Gates nicht geschafft, das
mittelalterliche DOS aus dem Windows-98-Nachfolger zu verbannen. Denn Windows
Me beruht wie alle seine Vorgänger auf DOS und kann ohne dieses System nicht
arbeiten. Einen Ersatz, der alle Vorzüge von DOS, aber keinen seiner Nachteile
bietet, hat man in Redmond nicht entwickeln können.
Hauptgrund für dieses Festhalten an DOS ist nicht etwa Unfähigkeit der
Programmierer, sondern die Beharrlichkeit des Marktes. Zu viele Anwendungen -
darunter allerdings auch zahlreiche Microsoft-Programme - bauen intern auf DOS
auf. Betriebssysteme ohne DOS sind so lange nicht denkbar, wie Geräte darauf
angewiesen sind, direkt auf die Hardware des Computers zuzugreifen. Die
"Schuldigen" sind in diesem Fall die Computerspiele-Hersteller und die
Spieler, die noch allzu oft an Windows vorbeiprogrammieren.
-=Kein DOS-Modus mehr beim Start des Rechners=-
Nach außen hin mag Microsoft diese Niederlage nicht zugeben. Deshalb hat die
Firma ihr DOS in wesentlichen Punkten kastriert. Die DOS-Programme, auf die
Microsoft selbst nicht verzichten kann, wurden so gut versteckt wie es nur
möglich war. Wo das nicht gelang, wurde wenigstens der Zugang zu DOS so
versperrt, dass nur sehr erfahrene Profis ihn finden können.
In Windows Me ist es beispielsweise nicht mehr wie noch in Windows 9x
möglich, im DOS-Modus zu starten. Die Systemdatei "io.sys" wurde so verändert,
dass jeder Versuch, DOS über Manipulationen an der Systemdatei "msdos.sys"
doch noch zu starten, scheitert. Drückt man beim Hochfahren des Rechners die
F8-Taste, um auf diese Weise den Betriebssystem-Modus auszuwählen, so sieht
man im Startmenü nur noch die Optionen "Normal", "Protokolliert",
"Abgesichert" und "Schrittweise". Der Menüpunkt "Eingabeaufforderung" ist
verschwunden.
In seinem Amoklauf gegen DOS geht Microsoft noch weiter: Änderungen, die
ein Benutzer in eine der Startdateien "config.sys" oder "autoexec.bat"
einträgt, werden ignoriert. Die Ursprungs-Dateien werden selbst dann
wiederhergestellt, wenn die geänderten Dateien mit Schreibschutz versehen
wurden.
Innerhalb von Windows Me gibt es zwar weiter ein DOS-Fenster (die
"MS-DOS-Eingabeaufforderung" im Menü "Start | Programme"). Doch das wurde nur
eingebaut, um Spiele-Fans ihre DOS-basierten Computerspiele nicht zu
wegzunehmen. Und selbst in diesem DOS-Fenster ist nicht mehr alles möglich,
was unter Windows 9x noch ging. Viele grundlegende DOS-Befehle wurden
"entschärft", so dass die Eingabeaufforderung auch für Profis viel an Wert
eingebüßt hat. So kann man beispielsweise mit dem Befehl "sys.com" oder
"format a: /s" nicht einmal mehr eine Diskette bootfähig machen.
-=Die Folgen für Drive Image, Partition Magic &Co=-
Die Einschränkungen für MS-DOS haben gravierende Folgen für andere Programme:
Viele Programme von Drittherstellern sind auf den reinen MS-DOS-Modus
angewiesen. Die Verstümmelung von Windows Me stellt die Hersteller dieser
Programme vor schwere Probleme. So sind beispielsweise die für Computer-Profis
fast unentbehrlichen Produkte"Partition Magic" und "Drive Image" von
Powerquest unter Windows Me nicht mehr zu installieren und - falls sie bereits
vor einem Upgrade auf Windows Me installiert waren - nicht mehr lauffähig.
Powerquest arbeitet zwar an Upgrades, aber entsprechende Versuche für Windows
2000 waren bisher wenig überzeugend.
Einzige Möglichkeit, falls Sie diese Programme weiter benutzen wollen:
Erstellen Sie sich, solange es noch geht, ein paar Bootdisketten mit einem
vernünftigen MS-DOS, beispielsweise mit MS-DOS 7.1 aus Windows 98.
Selbst Geräte-Installationen werden durch die MS-DOS-Kastrierung in
Mitleidenschaft gezogen. Die meisten Soundkarten tragen ihre Parameter in die
Start-Dateien ein, damit sie auch unter DOS ansprechbar sind. Windows Me
tauscht diese Start-Dateien aber immer wieder aus. Das führt dazu, dass manche
Soundkarte bei Spielen im DOS-Fenster nicht funktioniert. Es dürfte nicht
lange dauern, bis die ersten Spielefans ihre anfänglich möglicherweise
vorhandene Begeisterung für Windows Me verlieren. In diesem Fall hat Microsoft
sich also ins eigene Fleisch geschnitten.
-=So lässt sich DOS doch noch starten=-
Viele erfahrene PC-Nutzer werden auf den reinen DOS-Modus nicht verzichten
können. Sie brauchen ihn für Fehlerdiagnosen und Fehlerbehebungen. Ohne ein
reines DOS ist beispielsweise kein BIOS-Update des Rechners mehr möglich.
Änderungen an Partitionen und manche Backup-Arten waren bisher unter der
graphischen Windows-Oberfläche überhaupt nicht denkbar. Das gilt auch unter
Windows Me.
_Methode 1:_ Die einzige Möglichkeit, mit Microsoftschen Methoden in den
DOS-Modus zu gelangen, ist umständlich und langwierig. Sie besteht darin, den
Computer mit einer Systemdiskette zu starten, die noch ein "altes" DOS, etwa
von Windows 98, enthält. Dadurch starten Sie nicht Windows Me, sondern das DOS
der Vorgängerversionen.
_Methode 2:_ Trotz aller Mühen von Microsoft gibt es aber immer noch Wege,
in den reinen DOS-Modus zu gelangen. Einige Tüftler haben die drei dazu
unentbehrlichen Systemdateien "io.sys", "command.com" und "regenv32.exe" so
verändert, dass der Rechner beim Hochfahren im gewohnten DOS-Modus startet.
Windows Me wird dann mit dem Befehl "win" am DOS-Prompt aufgerufen. Diese
veränderten Systemdateien stehen unter der Internet-Adresse Real DOS-Mode
Patch for Windows Millennium [http://www.geocities.com/mfd4life_2000/]
kostenlos zum Download zur Verfügung. Während die ersten Versionen dieser
Ersatz-Dateien nur mit der US-Version von Windows Me funktionierten, sind die
aktuellen Versionen auch in einem deutschen Windows Me gefahrlos einzusetzen.
Microsoft hat solche Modifikationen offenbar bereits vorhergesehen. Bei
jeder Systemwiederherstellung werden diese Startdateien überschrieben und
durch die unveränderten Originale ersetzt. Wenn Sie also die veränderten
Systemdateien einsetzen wollen, müssen Sie die notwendigen Änderungen entweder
mittels einer Batch-Datei automatisieren und damit immer wieder ausführen.
Oder Sie verzichten gänzlich auf den Einsatz der Systemwiederherstellung.
_Methode 3:_ Eine andere Methode, dem Microsoft-Diktat ein Schnippchen zu
schlagen, besteht darin, den DOS-Modus von Windows Me mit den Systemdateien
von Windows 98 zu starten. Dann allerdings lässt sich Windows Me nicht mit der
Eingabe von "win" vom DOS-Modus aus starten. Erst, wenn Sie die originalen
Windows-Me-Dateien wieder zurückkopieren, klappt es wieder. Das hört sich
kompliziert an, lässt sich aber mit einfach aufgebauten Batch-Dateien
automatisieren. Fertige Beispieldateien finden Sie beispielsweise auf der
Interseite Windows Millennium DOS [http://www.sgmvp.freewebsites.com/WinME.htm].
-=Wer DOS benötigt, sollte bei Windows 98 bleiben=-
Dass es sich bei beiden Methoden nur um aus der Not geborene Lösungen handelt,
ist klar. Erfahrene Benutzer können diese Lösungen zwar zu Reparatur-Zwecken
einsetzen, aber sie werden keinen Spaß mehr an einem in wichtigen Bereichen
beschnittenen MS-DOS haben, das nur umständlich aufgerufen werden kann.
Profi-Nutzer, die öfter mit Anwendungen wie Partition Magic oder Drive
Image arbeiten, sollten sich genau überlegen, ob Sie das neue Windows
überhaupt benötigen und vorerst zumindest bei Windows 98 bleiben. Wenn Sie
jedoch keine ältere Windows-Version mehr haben, weil Ihr nagelneuer Rechner
vom Händler schon mit Windows Me ausgestattet war, gibt es nur eine
Alternative: Legen Sie sich eine zusätzliche primäre Partition mit einem
reinen MS-DOS oder einer anderen DOS-Variante wie etwa "4DOS" von JP Software
[http://jpsoft.com/] an. Mit einem Boot-Manager können Sie dann beim Start
bequem zwischen den verschiedenen Betriebssystemen wechseln.
Am Beispiel DOS zeigt sich einmal mehr sehr deutlich, wie unausgegoren das
neue Betriebssystem Windows Me schon im Konzept ist. Microsoft hat es - wohl
unter dezentem Druck aus der Marketing-Abteilung - nicht fertiggebracht, den
DOS-Modus wie in den "großen" (und teuren) Betriebssystemen "Windows NT" und
"Windows 2000" ganz außen vor zu lassen und für angemessenen Ersatz innerhalb
der graphischen Oberfläche zu sorgen. Andererseits will der Hersteller aber
auch nicht zu der Entscheidung stehen, am bisherigen DOS-Unterbau festzuhalten
- um den Spielemarkt weiter zu beherrschen und sich darüber die
Vormachtstellung bei Heim-PC zu sichern.
Der typisch "Microsoftsche" Ausweg aus der Zwickmühle: Man leugnet erst
einmal, dass es in Windows Me so etwas wie DOS gäbe. Dort, wo Verleugnen
keinen Zweck hat, weil man die Eingabeaufforderung beispielsweise für die
Systemdisketten dringend braucht, wird eine abgespeckte Version eingesetzt.
Der Rest des zugrundeliegenden DOS wird anschließend bis zur Unkenntlichkeit
demontiert. Microsoft tut seinen Kunden damit keinen Gefallen - und dadurch
sich selbst auch nicht.
![[Bild: cgboard_logo.png]](https://cgboard.raysworld.ch/images/cgboard_logo.png){kind=logo}
![[Bild: banner_cool3zhjth.jpg]](https://abload.de/img/banner_cool3zhjth.jpg)
