Eure Anschaffungen in letzter Zeit?

[dx1]

0

Original von thEClaw
Unterhaltsam? Ist ja wohl ein wunderschöner Film! dx1 hat mir den mal vorgeschlagen und ich habe ihn seither einige Male mit großer Faszination geschaut.

Na, wunderschön ist er nicht. Aber absolut genial und erschütternd. Hab ihn wohl deshalb nur ein einziges Mal gesehen. Genau wie "Dancer in the Dark". Aber irgendwann … Werd ihn mir auch gleich mal bestellen.

Original von SonataFanatica

"[…], dass man etwas erwartet, das dann gar nicht kommt."

Außerdem kommen darin zwei oder drei SO ÜBELST grausame Szenen drin vor, die vollkommen unnötig und schockierend sind, dass ich mir gedacht hab "warum um Himmels Willen? War das jetzt nötig? Wir haben's SCHON alle verstanden, dass der Typ da böse ist, dankeschön."

[…] Hatte halt ganz was anderes erwartet - und war mit meiner Meinung nicht gerade allein.

Original von Cyphox
hab ihn mal angefangen, hatte fantasy erwartet, dieses nazi-gedöns und irgendne brutale szene (mit-flasche schädel-zertrümmer) oder so ähnlich, hab ich den film als zu seltsam abgetan und ausgemacht.

Leute, Ihr müsst Euch abgewöhnen, bei Euch unbekannten Filmen irgend etwas zu erwarten. Sonst werdet Ihr von einem einfallsreichen, mutigen Film immer enttäuscht sein. Oder Ihr solltet Euch einfach nur noch uninspirierte Interpretationen und Aufgüsse Euch schon bekannter und beruhigend vorhersehbarer Geschichten anschauen. Fortsetzungen und Remakes bieten sich hier an, aber auch da kann niemand garantieren, dass es nicht doch ein kreatives und subversives Element geschafft hat, heimlich unorthodoxe oder gar neue Elemente in einen Film Eures Lieblingsgenres zu schmuggeln.

El laberinto del fauno ist zwar unterhaltend, aber meiner Meinung nach nur an zweiter Stelle. Im Vordergrund stehen die Handlung und schwere Schicksale, die so oder so ähnlich echten Menschen geschehen sind.

Einige Sätze aus der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema Spanischer Bürgerkrieg verdeutlichen hoffentlich, was ich meine:

Verkörpert im so genannten „Estado Nuevo“, zeigte sich der Franquismus in den Jahren des Spanischen Bürgerkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit als grausame Despotie in einem verwüsteten, bankrotten und wirtschaftlich am Boden liegenden Land. […] Die spanische Gesellschaft teilte sich in Sieger und Besiegte, und „[die] Besiegten, die in den Augen Francos das absolut Böse verkörpert hatten, sollten zahlen und büßen“. […] Francos Presseattaché gab zu Protokoll, für das Ziel, das Krebsgeschwür des Marxismus in einer blutigen Operation aus dem spanischen Volkskörper zu entfernen, dürfe ein Drittel der männlichen Bevölkerung Spaniens eliminiert werden. […]
Die Zahl der politisch motivierten Hinrichtungen ging in die Hunderttausende. Bernecker gibt die Zahl derer, die im franquistischen Spanien zwischen 1936 und 1944 durch politischen Mord und Justizverbrechen ums Leben kamen, mit bis zu 400.000 Menschen an. Neuere Schätzungen (u. a. von Michael Richards) gehen von 150.000 bis 200.000 Opfern aus.

Das sind im niedrigen Bereich der Schätzung knapp 20.000 politische Morde pro Jahr. Acht Jahre lang. Und das Franco-Regime regierte bis 1977.

Die brutalen Szenen (ich glaube Ihr denkt da an "Flasche & Kopf", sowie "verletzte Hand") sind im Kontext absolut gerechtfertigt. Im Gegensatz zu ähnlich detaillierten Bildern in Szenen aus dem beliebten Genre 'Torture Porn' (Hostel, Saw) tragen sie zur Charakterisierung aller in der jeweiligen Szene vorkommenden Haupt- und Nebencharaktere bei, sorgen für Mitleid, Wut und andere Emotionen – sprich: Diese Szenen erleichtern dem Zuschauer Identifikation und Aversion in einer von Autor und Regisseur gewünschten Weise. Dass sie von noch empathischen und nicht total verblödeten Menschen schwer zu konsumieren sind, weil sie handwerklich und dramaturgisch sehr gut gemacht sind, spricht auch für diese Szenen, den Film und für Euch, die Ihr vom hohen Gewaltgrad abgestoßen seid.

Als gewaltverherrlichender Kontrast dazu steht für mich der finale Kampf in The Golden Compass (bzw. Northern Lights) zwischen den Panserbjørne (Eisbären in Rüstung) Iorek Byrnison, Verbannter aus Svalbard und Helfer der Heldin der Geschichte, und Iofur Raknison, dem falschen König von Svalbard. Der ganze Kampf ist fast so blutarm dargestellt wie in den ekelhaft kitschigen Narnia-Filmen. Wo im Roman die beiden Kämpfer über fast drei Seiten Text in von ihrem Blut rot gefärbten Schnee herumstampfen und auch die Auswirkung der Hiebe detailliert geschildert wird sieht man im Film "kindgerechte Gewalt". So jubelten und applaudierten dann schließlich am Ende des Kampfes zehnjährige Kinder um mich herum. Wenn ich jemals etwas gesehen habe, dass man als gewaltverherrlichend bezeichnen kann, dann zählt der Abschluss dieses Kampfes dazu. Im Film schlägt Iorek wie in der Romanvorlage seinem Kontrahenten schließlich den Unterkiefer ab, beißt ihm (kurz) in die Kehle und hat gewonnen.

Ab 1:55 etwa – Iofur schlägt übrigens mit der falschen Pranke.
(Ich habe leider keine einbettbare Fassung gefunden.)

Im Roman jedoch …

[…]so lorek Byrnison rose up against lofur, exploding upward from his firm footing on the dry rock and slashing with a ferocious left hand at the exposed jaw of lofur Raknison.

It was a horrifying blow. It tore the lower part of his jaw clean off, so that it flew through the air scattering blood drops in the snow many yards away.

lofur's red tongue lolled down, dripping over his open throat. The bear-king was suddenly voiceless, biteless, helpless, lorek needed nothing more. He lunged, and then his teeth were in lofur's throat, and he shook and shook this way, that way, lifting the huge body off the ground and battering it down as if lofur were no more than a seal at the water's edge.

Then he ripped upward, and lofur Raknison's life came away in his teeth.

There was one ritual yet to perform. lorek sliced open the dead king's unprotected chest, peeling the fur back to expose the narrow white and red ribs like the timbers of an upturned boat. Into the rib cage lorek reached, and he plucked out lofur's heart, red and steaming, and ate it there in front of lofur's subjects.

Wenn große Gewalt passiert, dann sollte sie realistisch dargestellt sein und alle ekligen Konsequenzen gezeigt werden.

Warum dieser Abstecher in eine meiner liebsten Fantasygeschichten? In beiden Werken stehen Kinder im Mittelpunkt, die gesellschaftliche Umbrüche verbunden mit großer Gewalt miterleben und der Gewalt sogar direkt ausgesetzt sind. Kinder waren und sind in Zeiten von Krieg, Bürgerkrieg und Genozid der Gewalt als Opfer und/oder Zeugen genauso ausgesetzt, wie Erwachsene. Ihr großer Nachteil ist verallgemeinert der, dass sie fast keine Möglichkeit zur Verteidigung besitzen. Soll heißen: Wenn Kampf oder Flucht zur Wahl stehen, dann steht den Kindern diese Wahl eigentlich gar nicht zur Verfügung. Sie müssen flüchten. Entweder körperlich oder geistig. Die physische Flucht ist aber nur dann möglich, wenn es sich um einen kleinräumigen Konflikt wie z.B. häusliche Gewalt in einer sonst zivilisierten Gesellschaft handelt. El laberinto del fauno zeigt die Gewalt in der Folgezeit eines Bürgerkrieges deshalb auf die einzig richtige Art: Ungeschönt. Nur so kann sie für uns Erwachsene, die wir zeitlich von der eigenen Kindheit entfernt sind, nachvollziehbar in die Psyche des Kindes Ofelia hinein reichen und dort abstrakteren, aber für das Kind bewältigbaren Horror erzeugen. Und nur in der Fantasiewelt steht dem Kind die "physische" Flucht, wie z.B. vor dem Kinderfresser (Augenmonster), zur Verfügung. Die Verarbeitung der realen Gewalt in der Fantasie führt schließlich dazu, dass Ofelia in der Realität ihre eigene Menschlichkeit ihrer Gewaltbereitschaft gegenüber stellen kann (Menschenopfer).

Wem jedoch die Frankisten- (Nazis *pfft* ) oder die Fantasy-Story nicht gefallen und sich mit etwa 60 Prozent des Films zufrieden geben möchte, der kann sich ja auf einen Handlungsstrang beschränken: Two Exits From Pan’s Labyrinth bei fanedit.org

This is a fantastic fanedit. The princess part is exactly how I will from now on always watch the movie. –Review by zackepple

Zum Schluss noch ein Zitat, dass auch auf die seelische Gesundheit der Ofelia im Labyrinth des Pan zutrifft:

"Kinder können mit Gewalt besser umgehen, als Erwachsene es oft glauben. Angst und Schrecken gehören ebenso wie Freude und Trauer zur Erlebniswelt eines Kindes. Wenn man angeregt wird, mit diesen Emotionen umzugehen, in einer Geschichte, die all diese Elemente gewichtet, wird man keinen Schaden nehmen." –Hayao Miyazaki