Willkommen im cgboard - classic games Forum! Deine gemütliche Retro Gaming Community. Besuche uns auch im Discord Chat.

[Review] Darklands (DOS, Microprose, 1992)
#1
0
[Bild: 972067061-00.jpg]

Ich möchte hier ein weiteres meiner Lieblingsspiele aus alten Tagen in einem zugegebenermassen sehr subjektiven Rückblick vorstellen. Es handelt sich dabei um ein weniger bekanntes RPG von Microprose: Darklands aus dem Jahre 1992.

Grundcharakteristiken

Ein spannender Ausflug in die Welt des Rollenspiels von Microprose stellt Darklands dar. Dieses Spiel, erschienen 1992 für DOS, setzt gleich eine Reihe spannender Akzente, die von späteren Spielen in verschiedener Weise wiederaufgegriffen wurden.
Es bietet eine glaubwürdige, weil am "realen" 15. Jahrhundert orientierte Spielwelt und ist ein konsequentes Openworld-RPG.
Besonders auffällig ist der "historische" Anstrich des Spiels: Statt in einer der üblichen Fantasywelten treiben wir uns im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation herum auf der Suche nach Ruhm und Reichtum, bezwingen zuweilen phantastische Kreaturen, die - nach Aussage der Entwickler - nie das übersteigen, an was die damaligen Menschen geglaubt haben (etwa dämonische Tempelritter, Hexen und Waldschrate). Da bietet sich uns endlich mal eine Welt ohne die klischeebehafteten grimmigen Orks, androgynen Elfen und besoffenen Zwerge.
Ausserdem besitzt das Spiel statt der üblichen Magie ein System, in dem man - stilgerecht zum 15. Jahrhundert - Heilige um Wunder und Unterstützung anruft (es besitzt einen ganzen Katalog von Heiligen, jeder mit verschiedenen Spezifikationen).
Weiter besitzt es ein sehr motivierendes Alchemiesystem, mit dem man Salben und granatenhafte Wurfphiolen herstellt. So hat Darklands gewissermassen ein ganz eigenes Magiesystem ohne Magie.
Der pausierbare Quasi-Echtzeitmodus in den Kämpfen ist schliesslich auch erwähnenswert (quasi wie bei Baldur's Gate, nur sechs Jahre vorher).

Grafik

Die grafische Präsentation ist zwar simpel gehalten, gefiel mir aber auf Anhieb gut. Es gibt drei verschiedene grafische Ebenen im Spiel:

Dialogartig bewegen wir uns durch Städte und erleben Begegnungen mit anderen Charakteren oder Ereignissen.

Verlassen wir eine Stadt, schaltet das Spiel auf eine grosse Übersichtskarte des Heiligen Römischen Reiches, auf der ein pixeliges Männchen die Party repräsentiert. Je nach Jahreszeit verändert sich die Karte (im Winter liegt etwa Schnee auf den Feldern, im Herbst verfärben sich die Wälder etc.) auch optisch.

Bei Kämpfen schliesslich verwendet das Spiel eine isometrische Ansicht, in der wir unsere Charaktere in ihrer ganzen kruden Pixelpracht sehen und lenken können.


Sound

Soundtechnisch ist das Spiel eher spröde ausgefallen. Einige wenige Melodien zieren die Abenteuer, die Kampfgeräusche sind spärlich vorhanden. Eindeutig der Hauptmangel des Spieles.


Gameplay

Die Charaktererstellung

Zunächst überrascht die ausgezeichnete und einzigartige Charaktererstellung bei Darklands: Hier können wir unseren Wunschcharakter erstellen und diesen durch diverse Ausbildungswege (jeder dauert 5 Jahre) jagen, ehe wir das Spiel beginnen. Ob als Mönch, Dieb, Jäger oder Soldat, je nach Profession steigern oder senken sich Charakterwerte (Stärke, Ausdauer, etc.) und Fähigkeiten (z.B. Umgang mit diversen Waffen, Fertigkeit im Tränkebrauen, Redegewandtheit etc.). So können wir bereits vor Spielbeginn unseren ganz persönlichen Charakter erschaffen (oder deren vier). Generell gilt: Je länger wir einen Charakter vor dem Spiel durch verschiedene Professionen "jagen", desto befähigter wird er - allerdings wird er auch mit jeder zusätzlichen Ausbildung älter. Das führt dazu, dass ab einem bestimmten Alter manche Werte - etwa Stärke und Ausdauer - erheblich sinken, altersbedingt sozusagen. Man sollte also gut abwiegen, ob man einen hochversierten Alchemisten möchte, der aber dann entsprechend klapperig unterwegs sein wird und womöglich bald das Zeitliche segnet, oder ob man lieber einen blutjungen Burschen will, der mit keiner Waffe richtig umzugehen weiss.
Es empfiehlt sich, neben zwei starken Recken wenigstens einen Alchemisten und einen Geistlichen heranzubilden, um alle Aspekte des Spiels abzudecken.
Durch die ausgeübten Tätigkeiten (z.B. Kämpfen, Anrufen von Heiligen, Tränke mischen) steigern sich die Fähigkeiten ausserdem während dem Spiel.

(Praktisch) grenzenlose Freiheit

Ein weiteres herausragendes Charakteristikum bei Darklands ist die praktisch unbegrenzte Freiheit des Spielers. Wir können nach Lust und Laune auf der grossen Karte herumstreunen, hier und da Aufträge annehmen - etwa stilecht von den Hanse oder den Medici -, Wildschweine und dergleichen jagen (Begegnungen geschehen zufällig), in den dunkeln Hafenstrassen Banditen erschlagen oder mit dem Alchemiesystem Tränke mixen. Wir können einzelne Charaktere in den Städten arbeiten lassen, um Geld zu verdienen oder in der Kirche neuen Heilige kennenlernen, um unseren Kleriker weiterzubilden. Wir können beim örtlichen Alchemisten versuchen, Rezepte zu ergattern - und mit etwas Glück den Stein der Weisen herzustellen - oder unsere heilkräftige Person beim Medicus ausbilden. Das ist nur eine kleine Auswahl der möglichen Beschäftigungen. Wenn unsere Mannen alt und klapprig werden, können wir sie durch neue Jungspunde ersetzen, die wir in der Taverne "heranzüchten".

Die Story

Zuerst schwer ersichtlich, besitzt das Spiel doch eine Storyline, die sich erst nach und nach offenbart. Diese bezieht sich auf die Tempelritter (ganz gemäss der damals verbreiteten Propaganda zu Teufelsanbetern verzerrt), deren finsteres Treiben wir nach und nach entdecken und aufhalten sollen. Nach Abschluss der Story - die wir zu jedem beliebigen Zeitpunkt absolvieren können - können wir noch nach Herzenslust weiterspielen. Ganz klar steht das Erkunden und Herumwandern bei diesem Spiel im Vordergrund.

Atmosphäre

Die Atmosphäre des Spiels finde ich beeindruckend. Sie wird vor allem durch das autentische Gefühl, sich in einer "realen" spätmittelalterlichen Welt zu bewegen, geschaffen - der Verzicht auf die üblichen Fantasyversatzstücke, die konsequente Umformung des üblichen Magiesystems und all die glaubwürdigen Waffen, Rüstungen und Begegnungen schaffen eine faszinierend überzeugende Spielumgebung. Ausserdem gefällt mir die Tatsache, dass ich mich durch eine vertraute Welt mit vertrauten Städtenamen bewegen kann - das schafft Wiedererkennungswert. Eine Vielzahl von zufälligen Begegnungen mit NPCs (etwa Wandermönche, Händler, Hexensabbate etc.) auf der Karte und in den Städten schafft immer wieder interessante Abwechslung. Die Kämpfe fühlen sich angenehm gediegen an, die Details stimmen - so fliegen Pfeile durch die Luft und Tränke explodieren mit Wumms, während die Schwertjungens in vorderster Front fechten. Auch das Gefühl, alternde Charaktere durch ein sich nach Jahreszeiten veränderndes Land zu lenken, schafft gehörig Atmosphäre.

Fazit

Darklands ist ein einzigartiges Spielexperiment der frühen 90er, wie es so nicht wiederholt wurde. Gerade sein "historischer" Zugang und seine eigenständige Umsetzung einer zwar an der "realen" Welt orientierten, aber doch von massvoll phantastischen Elemente durchzogenen Welt wurde in der Art m.E. nie wieder probiert. Da steckt eine gehörige Portion Recherche dahinter, was man auch im ausladenden und von Informationen nur so strotzenden Handbuch sieht. Leider wurde der angekündigte zweite Teil nie umgesetzt, und so ist es das einzige seiner Art (einzig vielleicht Mount and Blade scheint mir ein ähnliches Spielgefühl zu vermitteln). Ein Spiel, das meine Festplatten nie verlassen hat und das ich immer gerne wieder mal in Angriff nehme.
Zitieren
#2
0
Geil! Vielen Dank! ich schau mal gleich nach nen paar Screenshots Smile
Zitieren
#3
0
Gern geschehen. Ich empfehle die Seite darklands.net . Da findet man alles Wissenswerte zum Spiel und einige nützliche Tools.
Zitieren
#4
0
Prometheus schrieb:[...]
Grafik

Die grafische Präsentation ist zwar simpel gehalten, [...]
Das ist noch dezent übertrieben. Wenn man das Spiel zum ersten Mal anwirft, kann es schon zum Kulturschock kommen Big Grin.
Spielerisch bietet es dafür umso mehr ("Typisch Microprose!", möchte man meinen Zunge raus). Die Steuerung in den Städten finde ich aber selbst heute noch ziemlich unhandlich Rolleyes.

Trotzdem, ein nettes Spiel UND vor allem ein guter Bericht von dir WinkFröhlich.
[Bild: cgb-signaturwdjiq.png]
Du hast eine (nicht mehr ganz so) geheime Botschaft entdeckt:
"Besucht Heinrich's Spiele-Ausstellung!" ;-)


Big Grin Big Grin
Zitieren
#5
0
@Heinrich Reich
Danke. Smile
Es ist in der Tat eine Frage der persönlichen Schmerzgrenze. Ich spiele seit einigen Jahren fast nur noch meine alten Lieblinge aus der Zeit zwischen 1990 und 2002 (Gothic 2 ist das jüngste), grafisch bin ich daher mit allen Wassern gewaschen und nicht leicht zu erschüttern. Wink
Ich habe ehrlich gesagt sogar etwas übrig für diese Titel, die hinter einer unscheinbaren Fassade eine daraus kaum zu erahnende Spieltiefe verbergen (und sich damit genau gegenteilig verhalten wie die heutigen Grafikblender). Es ist in diesem Sinn tatsächlich "typisch Microprose" Wink
Zitieren
#6
0
So ein 10jähriges sollte öfter sein. Einfach nur der Wahnsinn was ihr für nen geilen Scheiß daheim habt.
Danke fürs Teilen.
Zitieren
#7
0
Dornfeld schrieb:So ein 10jähriges sollte öfter sein. Einfach nur der Wahnsinn was ihr für nen geilen Scheiß daheim habt.
Danke fürs Teilen.
Hier wurden aber nur Meinungen geteilt WinkBig Grin.
[Bild: cgb-signaturwdjiq.png]
Du hast eine (nicht mehr ganz so) geheime Botschaft entdeckt:
"Besucht Heinrich's Spiele-Ausstellung!" ;-)


Big Grin Big Grin
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  [Review] Golden Axe (C64/Amiga/DOS-PC) - 1990 Syntax 15 5.846 19.06.2022, 20:54
Letzter Beitrag: Juttar
  [Review] Aces of the Pacific (Dynamix 1992 / Dos) HRMeinert 14 7.855 19.02.2022, 08:50
Letzter Beitrag: Heinrich Reich
  [Review] Planet X3 (MS-DOS), The 8-Bit Guy, 2019 Prometheus 5 2.101 13.01.2021, 10:47
Letzter Beitrag: Prometheus
  [Review] Red Storm Rising (Microprose 1989 / Dos) HRMeinert 14 8.600 24.08.2017, 20:58
Letzter Beitrag: Drakon99
  [Review] re.play - F-15 Strike Eagle II (Microprose 1988 / Dos) HRMeinert 10 5.765 18.12.2016, 20:19
Letzter Beitrag: Heinrich Reich

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste